...herrlich ist dies Stückchen Erde, und ich bin ja dort daheim!


Vom Osterhasen - Gedicht aus dem 1.Weltkrieg [Luise Kalieb]

09.02.2014 13:23

Und nun zum Schluß als Ostergruß ein uns zur Verfügung gestelltes Ostergedicht!

 

Osterhäschen saß im Gras

Sehr behaglich und sehr niedlich,

Dachte so an dies und das,

Fühlte sich so recht gemütlich;

Dachte, ob die Kriegersleute

Wieder machten fette Beute

In Argonnen und Karpathen,

Und wo sonst noch stehn Soldaten.

 

Auch ob wieder in den Meeren

Große Schiffe sie zerstören,

Und ob eben aus der Luft

Manch Granätlein niederpufft;

Auch ob immer noch die Reußchen

Züchteten so viele Läuschen,

Daß die Deutschen voll Entsetzen

Tag und Nacht sich damit hetzen,

Und trotz ständiglichem Morden

Nicht bewältigen die Horden.

 

- Als das Häslein noch so sann,

Trat Frau Osterhas heran:

"Wie, was seh' ich, lieber Mann,"

Rief sie laut und sehr erregt,

"Nicht ein Ei hast du gelegt?

Noch das ganze Nest ist leer?

Kunden werden täglich mehr,

Groß und klein will welche kaufen,

Tun mir schier das Haus einlaufen,

Und du sitzest hier spazieren,

Statt mir Eier vorzuführen?"

 

- Doch das schlaue Osterhäschen

Putzt bedächtig sich das Näschen,

Sprach dann: "Kind, ich dachte nach,

Ob es wäre nicht 'ne Schmach,

Wenn ich, wo die Zeiten teuer,

Jetzt noch legte Ostereier;

Sieh, die Sach' hat wenig Nützung,

Darum spart' ich mir die Sitzung."

 

Doch Frau Häsin in Erregung

Rief: "Welch törichte Erwägung!

Zu 'ner richt'gen Osterfeier

Da gehören einfach Eier,

Gerade wie der Tannenbaum

Zu 'nem richt'gen Weihnachtstraum.

Nein, die Eier müssen her,

Sonst ist's gar kein Ostern mehr!

Leg' sie meinetwegen klein,

Lass sie auch ganz einfach sein,

Aber legen mußt du sie,

Das ist deutsche Poesie!

Du verdirbst durch deine Krümmung

Sonst die ganze Osterstimmung."

 

Nun, was half's: das Osterhäschen

Putzte nochmals sich das Näschen,

Machte sich dann flink dabei,

Legte emsig Ei um Ei,

Viele Stunden, ohn' zu rasten.

Einfach zwar, doch bunt und niedlich,

Und gesund und appetitlich,

Wie sie für die Kriegszeit paßten.

 

Froh trug er den ganzen Segen

Zu der Gattin dann ins Haus,

Und sie nahm ihn froh entgegen.

Freude einte sie nun wieder.

"Eins nur bitte ich mir aus,"

Sprach Herr Has', "daß in die Häuser,

Woraus Gatten, Väter, Brüder

Kämpfen jetzt für Reich und Kaiser,

All die besten sei'n geschickt."

- "Ja," Frau Häsin fröhlich nickt;

"Und für Postpaket ins Feld

Sind auch tausend schon bestellt.

Doch die schönsten schick' ich hin:

Hindenburg und Zeppelin!"

- "Und", rief Hasemann, "ich schicke

Eins auch noch an Kap'tän Mücke!"

 

(M. Düsterbrock (Luise Kalieb) -

entnommen aus der "Deutschen Kriegszeitung 1915 - Illustrierte Wochen-Ausgabe - Herausgegeben vom Berliner Lokal-Anzeiger"; Nr.14, 4.April 1915)  

 

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