
...herrlich ist dies Stückchen Erde, und ich bin ja dort daheim!
Rübezahls Goldblätter
18.03.2014 09:40Ein altes, verhutzeltes Weib lief im Riesengebirge umher und suchte Kräuter, Wurzeln und Beeren. Da verlief es sich in einem unbekannten Revier, wie das im Hochgebirge schon etlichen Menschen geschehen ist. Plötzlich trat aus dem Hochwald ein Jäger hervor. Die Frau bat in ihrer Angst, er solle ihr den rechten Weg zeigen. Sie habe in Giersdorf kleine Kinder, die auf Brot warteten.
Da sagte der fremde Jäger, der niemand anderes war als Rübezahl selber, sie solle die Wurzeln und Kräuter wegwerfen, er wolle ihr dafür Kräuter zeigen, die ihr mehr einbrächten als alles, was sie bisher im Gebirge gesammelt habe. Er zeigte der verschüchterten Frau einen Strauch und befahl ihr, das Laub zu sammeln. Die Frau gehorchte diesem unverständlichen Befehl und legte das Laub in ihren geflochtenen Korb.
Nachdem ihr der Jäger den Weg nach Giersdorf erklärt hatte, lief die Kräuterfrau eilends heimwärts. Das unnütze Laub warf sie unterwegs weg. Als sie zu Hause ankam, freudig von ihren Kindern begrüßt, nahm sie die gesammelten Wurzeln und Beeren aus dem Korbe. Einige Laubblätter, die feucht gewesen waren, klebten noch darin fest. Ihren Kindern erzählte sie nun ihr seltsames Erlebnis mit dem hilfreichen, merkwürdigen Jäger. Während sie aber berichtete, wurden die Bläter in ihrem Korb zu blankem Gold.
Das Kräuterweiblein rannte ins Gebirge zurück, um mehr von den wunderbaren Laubblättern zu holen. Sie dachte, daß sie die Stelle mit dem geheimnisvollen Strauch gut finden werde. Aber sie fand weder die Stelle, an der ihr der Jägersmann begegnet war, noch den Strauch mit den kostbaren Blättern.
Da wußte sie, daß Rübezahl seine Hand im Spiel hatte. Wohl ärgerte sie sich, in ihrer Unbedachtheit die Blätter weggeworfen zu haben, dankte jedoch dem Herrscher des Riesengebirges für seine Hilfe in der Not. Denn die ihr verbliebenen goldenen Blätter reichten gut aus, die schlimmsten Sorgen zu bannen.
(entnommen aus "Die schönsten Sagen aus Schlesien - Neu erzählt für jung und alt von Jochen Hoffbauer", 1965, 2.Auflage)
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