
...herrlich ist dies Stückchen Erde, und ich bin ja dort daheim!
Rübezahl
19.07.2014 11:37Die ältesten Zeugnisse zum im schlesischen Riesengebirge lebenden Berggeist Rübezahl stammen aus der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts, dürfen aber auf mindestens 100 Jahre ältere Volksvorstellung zurückgehen.
1553 sprach ein Edelsteinsucher in einem Itenerar eine Mahnung zur Vorsicht vor Bergwerksgeistern aus, wobei er vor allem vor "Riebenzahl" warnte. Nach 1500 ist Rübezahl also ein echter Bergbau- und Bergwerksgeist geworden. Burklehner sagt uns in seiner "Tiroler Chronik" von 1642, daß er aus dem Harz stammt und von da eingewandert sei. Zur weiteren Legendenausformung sollen auch ab 1530 aus Schwaz in Tirol stammende und ins Riesengebirge gerufene Bergarbeiter beigetragen haben. In Süddeutschland - um 1230 in Würzburg - trugen schon Personen ihren Namen nach ihm.
Rübezahl ist also weitaus älter und wurde nicht erst im 16.Jahrhundert ins Leben gerufen. Viele Belege gehen sogar so weit, Rübezahls Herkunft als germanisch auszuweisen. In der Heidenzeit könnte man ihn "Riebe", den "Rauhen", genannt haben. Er könnte also einmal nichts anderes, als der oberste, gewaltige germanische Gottkönig und Himmelsvater Wotan, der Wütende, gewesen sein. So ist denn Rübezahl der Sage nach nicht nur ein Wotansreflex, er erscheint auch als ein "starker Mann", ein handfester Trinker, der auf einmal eine Butte Bier leert, wie ähnliche Züge von Donar berichtet werden und in der Volkserinnerung wurzelten. Es kann durchaus sein, daß man zur Zeit der Christianisierung sämtliche germanische Gottheiten in die Gestalt des Rübezahl projezierte, um diese vor Kirche und Christenheit zu schützen. Mit der Zeit verschwand jedoch die Besinnung von Rübezahls germanischen Wurzeln.
Die erste Abbildung von Rübezahl stammt aus dem Jahr 1561, als er auf der ersten, vom deutschen Kartographen Martin Helwig verfertigten Landkarte Schlesiens als geschwänzter Dämon inmitten von Bergen und Dörfern porträtiert wurde. Abgebildet wurde er als eine Art "Teufel" mit Pferdefüßen und Hirschgeweih. In beiden Händen hält er eine Art (Wander-)Stab [ein weiterer Beleg für den "Wanderer" Wotan?]. Hier wurde auch die Bezeichnung "Rubenczal" niedergeschrieben.
In den folgenden Jahren und Jahrhunderten folgten vielerlei kuriose "Augenzeugenberichte"; ein Pastor Rausch behauptete beispielsweise, den Berggeist um 1600 beobachtet zu haben, wie er in einer Kutsche durch Schmiedeberg gefahren sei. Allmählich entstand ein richtiger Sagenkranz um den Rübezahl. Das schlesische Volk machte ihn sich ganz zu seinem "Eigen" - unzweifelhaft!
Der Sage nach ist Rübezahl ein launischer Berggeist oder Riese, auch wird er oft als "Herr der Berge" bezeichnet. Er erscheint den Menschen in verschiedener Gestalt: Als Mönch, Bergmann, Junker, Wanderer, Jäger, aber auch in Tiergestalt oder als Gegenstand (Baumstumpf, Stein, Wolke). Er ist der Wetterherr des Riesengebirges (vergleichbar also mit dem "wilden Jäger"), sendet unerwartet Blitz und Donner, Nebel, Regen und Schnee, und führte somit schon zahlreiche Wanderer ins Verderben. Gegen gute Menschen ist er im Allgemeinen freundlich, lehrt sie Heilmittel und beschenkt insbesondere Arme. Wenn man ihn aber verspottet, rächt er sich schwer (etwa durch Unwetter).
Laut der Sage gab ihm die Prinzessin Emma unbedacht den Namen, als diese ihn bat, nur dann seine Braut zu werden, wenn er alle Rüben auf dem Felde zähle. Während der Berggeist dies also tat, floh die Prinzessin aus Rübezahls Reich. Die Anwohner der umliegenden Gegend gaben ihn daraufhin den Spottnamen "Rübenzähler" oder "Rübezahl".
(Bisher erschienen zahllose, verschiedene Sagen- und Märchenbücher über den Rübezahl. Auch Verfilmungen über den Berggeist wurden schon gedreht.)
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