...herrlich ist dies Stückchen Erde, und ich bin ja dort daheim!


Eine Gabe der Götter - Die Mistel, mysteriöse Pflanze in Aberglauben und Volksmedizin

27.01.2014 17:52

In der Volkssprache heißt sie Eichenmiste, Kreuzholz, Kenstermistel und Vogelleimholz, letzteres, weil aus dem Saft der Früchte, die perlenförmig weiß sind, ein klebriger Vogelleim für den Vogelfang gewonnen wurde.

Die Mistel ist eine Schmarotzerpflanze auf vielen Obstbäumen, Fichten, Tannen, Eichen, Weiden und Pappeln. Dieser Strauch mit seinen gelblichgrünen, lederartigen Blättern ist wohl jedem bekannt, zumal sie auf den Weihnachtsmärkten dem Tannengrün Konkurrenz machen. Gerade jetzt im Dezember werden sie angeboten und finden mehr und mehr Zuspruch auch bei uns, was in England schon seit altersher so war. Dort wird der Mistelzweig über die Haustür gehängt, und ein Mann darf jedes Mädchen küssen, welches darunter steht.

Die alten Germanen verehrten den Mistelzweig als eine Götterpflanze des Wodan, und in der antiken Mythologie galt sie als eine Gabe der Götter. Als üble Schmarotzerpflanze, die ihren Wirtsbäumen Wasser und Mineralstoffe entzieht - über ihre Blätter kann sie Kohlehydrate aus eigener Assimilation erzeugen -, schädigt sie diese aber nur, wenn sie in größeren Mengen auf einem einzelnen Baum auftreten. Äste oder Zweige sterben dann ab oder gar der ganze Baum geht ein und stürzt um.

Solch eine mysteriöse Pflanze beschäftigte natürlich schon die Menschen seit grauer Vorzeit. Die Mistel galt als eine Pflanze, die den Schlüssel zur Unterwelt darstellte. Noch im Mittelalter galt sie als Mittel zur Austreibung des Teufels und als eine Heilpflanze zugleich, die die Fallsucht (Epilepsie), auch "heilige Krankheit" genannt, bekämpfen konnte. Irgendwie steckt in dieser Schmarotzerpflanze eine wichtige Heilpflanze, denn der Tee aus der Mistel wirkt bei Störungen im Blutkreislauf, wird gegen innere Blutungen und Krämpfe eingenommen, bändigt hysterische Beschwerden und die Epilepsie. Aber auch die Wissenschaft fand Wirkstoffe in dieser Pflanze, die als blutdrucksenkend hervorragend wirken. Sogar den Krebs im Körper sollen Mistelpräparate bekämpfen, doch gibt es da Meinungsverschiedenheiten selbst unter Professoren und Ärzten.

Allerdings ist die Mistel als Weihnachtsschmuck in der Advents- und Weihnachtszeit als immergrüne, dekorative und nicht nadelnde Pflanze bei uns in Deutschland auf dem Vormarsch. Aber ich glaube nicht, daß dieses "Hexenkraut" unseren Tannen- und Fichtenbaum zur Weihnachtszeit verdrängen kann und wird.

Die Mistel enthält das ansonsten giftige Viscotoxin. Die weißen Beeren werden von den Drosseln gefressen und die Samen passieren den Vogeldarm unverdaut und werden so durch die Kotabscheidung verbreitet. In Märchen und Sagen spielt die Mistel eine große Rolle und die Kelten verehrten sie gar als dämonenabwehrende Pflanze.

 

(Martin Meißner -

entnommen aus dem "Ostpreußenblatt - Unabhängige Wochenzeitung für Deutschland", 12.Dezember 1992)

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