...herrlich ist dies Stückchen Erde, und ich bin ja dort daheim!


Der Rabenstein bei Znaim

02.01.2015 00:39

Am linken Thayaufer oberhalb der Stadt Znaim sieht man einen hochragenden Fels, der einem grimmigen Mannesantlitz nicht unähnlich ist. Er führt den Namen 'Rabenstein'. An seine Entstehung knüpft sich eine grausige Sage.

Ritter Seyfried hat den Gaugrafen Balder im Streite erschlagen, weswegen der Kaiser über ihn die Reichsacht verhängte. Seine Burg wurde gebrochen, und friedlos floh er mit seinem Vater und einem treuen Diener ins Elend. Er wurde aber verfolgt und eingeholt, sein Vater und der Diener gerieten in Gefangenschaft, während Seyfried mit knapper Not entkam. Unstet irrte er in den Wäldern umher, bis er erschöpft in das weiche Moos sank und einschlief. So fand ihn die gütige Fee Hiltrude, labte den Erschöpften und führte ihn auf ihr Schloß. Hier blieb er als Gast und säuberte die Gegend weit und breit von Wegelagerern und Räubern. Bald mochte die Fee den kühnen Ritter nicht mehr missen und vermählte sich mit ihm. Nun verlebten sie glückliche Jahre, und vier leibliche Kinder erblühten ihnen.

Da fanden die Schloßknechte einst im Walde einen verirrten Mann und brachten ihn auf die Burg. Seyfried erkannte in ihm seinen ehemaligen treuen Diener, dem es gelungen war, nach langer Gefangenschaft aus der Haft zu entfliehen. Durch ihn erfuhr der Ritter, daß sein Vater im tiefen, festen Turm der Burg Znaim schmachte und nun für den verfemten Sohn den Tod erleiden sollte. Seyfried raffte alle seine Getreuen zusammen und erstürmte die Burg Znaim. Seinen Vater aber konnte er nicht retten, denn die Feinde hatten ihm, bevor sie sich zur Flucht wandten, das Haupt abgeschlagen. Entsetzt stand der Ritter vor dem blutigen Leichnam und wurde von Raserei erfaßt. Er stürmte hinweg und erschlug in wahnsinniger Wut alles Lebende, das ihm entgegentrat. So kam er in sein Schloß gerannt, wo eben seine Kinder im Hof spielten. Vom Blutrausch seines Verstandes beraubt, mordete er die unschuldigen Kinder, indem er eins nach dem andern an dem Felsen zerschmetterte. Schon hatte er drei blindwütig getötet, als sein Weib erschien und den Greuel mit einem einzigen Blick übersah. Entsetzt riss Hildtrudis das Jüngste an sich und stieß einen durchdringenden Schrei aus. Da hielt der Ritter inne, als ob er sich besänne und erstarrte zu Stein. So war der unglückliche Mann, der durch seinen ungebändigten Jähzorn den Tod seines Vaters verschuldete, nun auch zum Rabenvater geworden, der sein eigenes Geschlecht dem Untergang weihte.

Hiltrude verließ mit ihrem Kinde den Schauplatz dieses grausigen Geschehens, und das Schloß versank. Nur den Fels mit dem gräßlich verzerrten Antlitz sieht man noch heute (als ein Schreckmal menschlichen Wahnsinns).

- Göth, Sagen aus Südwest-Mähren

 

(entnommen aus "Heimat Südmähren - Sonnenland an der Thaya", Matthias Krebs, 1955)

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