...herrlich ist dies Stückchen Erde, und ich bin ja dort daheim!


Der Friede 1871

19.01.2014 12:32

Es ist ein denkwürdiger Tag, der 18.Januar 1871. Während das Werder'sche Corps von der Verteidigung zum Angriff und zur Verfolgung des fliehenden Feindes übergeht, bringt in Versailles, bei Paris, eine glänzende Versammlung dem Deutschen Kaiser ihre Huldigung dar. Der greise Heldenkönig Wilhelm von Preußen nahm, den Wunsch des deutschen Volkes und seiner Fürsten erfüllend, den Titel eines Deutschen Kaisers an. Das deutsche Kaiserreich, wiedergeboren in den Prunksälen eines französischen Herrschersitzes, von dem so viel Unheil über unser Vaterland ausgegangen war, - das ist eine köstliche Frucht des blutigen Sieges. Deutschlands Vereinigung und Erstarkung zu hindern, war Frankreich in den Krieg gezogen, und der Krieg selber mußte unsere kühnsten Hoffnungen und heißesten Wünsche erfüllen. Da muß man sich wohl an das alte Wort erinnern: Ihr gedachtet es böse zu machen, aber Gott hat es gut gemacht.

Badens Fürst bringt im fremden Lande dem Kaiser das erste Lebehoch aus; mit Glockengeläute, Kanonendonner und wehenden Flaggen antwortet allerwärts die deutsche Heimat. Die Freude in Deutschland über die Wiedererstehung des Reiches war um so größer, als gleichzeitig sich auch allerlei Anzeichen des nahenden Friedens bemerkbar machten.

Am 28.Januar wurden den Deutschen die um Paris herum liegenden Forts übergeben, und nunmehr sollten die Waffen ruhen. Doch erst am 2.März konnten die vorläufigen Friedensbestimmungen vom Kaiser bestätigt werden. Der Abschluß des Friedens selbst erfolgte dann am 10.Mai zu Frankfurt a.M.

Nach diesen Festsetzungen hatte Frankreich Deutsch-Lothringen mit Metz sowie das ganze Elsaß, mit Ausnahme von Belfort, an das Deutsche Reich abzutreten und außerdem fünf Milliarden Franken Kriegsentschädigung zu bezahlen. Bis zur völligen Tilgung dieser Schuld blieben einzelne französische Gebietsteile von deutschen Truppen besetzt.

Das ist das Ergebnis des größten Krieges [zum Zeitpunkt der Abschrift], der jemals geführt worden ist. Größere Demütigung hat noch nie ein übermütiger Feind erfahren als die französische Nation in diesem Riesenkampfe.

In 6 Monaten wurden 17 Schlachten geschlagen, 156 zum Teil sehr blutige Gefechte bestanden, mehr als 20 Festungen, darunter die größten der Erde, Metz und Paris, genommen, 363.000 Mann und 11.650 Offiziere in deutsche Gefangenschaft geführt, über 6.700 Geschütze und 120 Fahnen und Adler erbeutet. Auch nicht eines einzigen Sieges konnte das französische Volk mit Recht sich rühmen.

Möge der allmächtige Gott, der uns den Sieg gegeben, über dem neuerstandenen Deutschen Reiche wachen, mögen Fürsten und Völker des deutschen Liedes Wort nicht vergessen:

Traute deutsche Brüder höret

Meine Worte alt und neu:

Nimmer wird das Reich zerstöret,

Wenn ihr einig seid und treu!

 

(entnommen aus dem "Lesebuch für Volksschulen - Zweiter Teil", Lahr 1884)

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